Jede Organisation kann ihr langfristiges Ansehen selbst steuern, wenn sie einige Prinzipien beachtet

Immer wieder werden wir gefragt, was Reputationsmanagement ist und wie es funktioniert. Deshalb kurz zur Erklärung: Reputationsmanagement ist Vertrauensmanagement. Es geht dabei darum, sich das Vertrauen aller Anspruchsgruppen (neudeutsch: Stakeholder) zu verdienen und es immer wieder zu bestätigen. Das verlangt selbstredend konsistentes Sein, Tun und Sprechen. Nur dann ist eine Organisation glaubwürdig. Sie sollte für Ideen, Werte, Prinzipien stehen und all dies nachweisen, und zwar über einen längeren Zeitraum hinweg. So handelt sie berechenbar, glaubwürdig und entsprechend vertrauenswürdig. Man weiß, was man von ihr erwarten kann, wie zuverlässig, qualitätsfixiert sie arbeitet und wie nachhaltig sie ausgerichtet ist.

Sie merken schon: Die Prinzipien des Reputationsmanagements von Organisationen sind eins zu eins übertragbar auf das Ansehen von Menschen. Hier gelten die gleichen Muster. Der Mensch schätzt und achtet andere Menschen, wenn er glaubt, sie zu kennen, wenn sie aus seiner Sicht etwas Vorbildliches getan haben (und immer weiter tun). Oder wenn sie ihm persönlich geholfen haben, wenn er also eine Leistung von ihnen erhalten hat und dafür selbst weniger geben musste, als er erwartet hatte. Dann fühlt er sich gut behandelt, das überzeugt ihn. Übertragen auf Institutionen und Unternehmen bedeutet das: Die Menschen werden weiter die Leistungen der Organisation in Anspruch nehmen oder ihre Produkte kaufen und positiv über ihre Erfahrungen berichten. Vertrauen schafft Identität; es prägt die Menschen.

Babies bilden Urvertrauen aus, wenn sie in den ersten Monaten
ohne eigenes Zutun liebevoll versorgt werden

Wer in den ersten Monaten seines Lebens das Urvertrauen aufbauen konnte zu den Personen, die ihn verpflegten, wickelten, schützten, wärmten, streichelten und mit ihm spielten, der hat gelernt zu vertrauen. Denn Babies können sich noch nicht fortbewegen, sie sind komplett abhängig von anderen, als Gegenleistung bieten sie ihre süße Erscheinung, ihr Zutrauen, ihre Unschuld. Manch einer mag sie betrachten als kleine Despoten, die viel von ihrem Umfeld verlangen und als Ausgleich dafür nur ihr Dasein zu bieten haben.

Die meisten Menschen wollen anderen vertrauen. Denn Vertrauen reduziert Komplexität. Vertrauen ersetzt Kontrolle, es schafft Verbindung, manchmal Liebe. Vertrauen ist eine sinnvolle Methode, um besser durchs Leben zu kommen. Wer Vertrauen schenkt, glaubt an die guten Vorsätze des Vertrauensnehmenden. Und derjenige, der Vertrauen erhält, will es bestätigen, sich verdienen. Es sei denn, es handelt sich um einen Betrüger. Diese kleine Gruppe trachtet danach, Vertrauen zu empfangen, um es dann skrupellos zu missbrauchen.

Das Vertrauen von Menschen wird bestärkt durch beständig gute Erfahrungen und Gefühle. Von Beginn an. Schon beim ersten Kontakt mit einer Institution oder einem Unternehmen bildet sich der Mensch eine Meinung. Diese Haltung wollen die betreffenden Personen eigentlich nicht mehr ändern. Denn das menschliche Gehirn ist träge, es möchte dieses Erlebnis und den Eindruck beibehalten und versucht, ihn zu bestätigen. Medienwissenschaftler sprechen vom Prinzip der kognitiven Konsonanz, bzw. von der Theorie der kognitiven Dissonanz, weil die Menschen dazu neigen, eine Dissonanz mit ihrer schnell gebildeten Erstmeinung zu vermeiden. Sie möchten gleichsam nicht mit sich selbst in Konflikt kommen, sondern streben nach Bestätigung und damit Gleichmaß. Das spart dem Gehirn Energie.

Das menschliche Gehirn will seine
einmal gebildete Meinung eigentlich nicht ändern

Aus diesen Gründen sollten Arbeitgeber – wie Menschen – viel Wert darauf legen, einen ausgezeichneten ersten Eindruck zu machen: bei allen Anspruchsgruppen. Entsprechend wichtig sind die Erstkontakt-Instanzen eines Unternehmens oder einer anderen Einrichtung. Dazu zählen z.B. die Homepage der Organisation, die Telefonzentrale oder der Empfang am Hauptsitz des Unternehmens. Bei Herstellungsbetrieben übernehmen die Produkte und Anlagen der Unternehmen die Funktion des Erstkontaktes zu potenziellen neuen Kunden. Hier kommt es darauf an, Menschen zu überzeugen von Qualität und Preis-Leistung – jeweils im Vergleich zu Wettbewerbsprodukten. Auch der Service ist wichtig, denn hier geht es darum, die positive Erstmeinung der Kunden zu bestätigen.

Arbeitgeber können darüber nachdenken, welche Aspekte für ihr Reputation im Vordergrund stehen. Bei Herstellern von attraktiven Produkten wie Smartphones und Autos mag ein Unternehmen zu dem Schluss kommen, ausschließlich über seine besonderen Marken und Artikel kommunizieren zu wollen. Das ist bei generischen Waren wie Telekommunikationsverbindungen oder Schrauben oder Mehl oder Schulbildung schwieriger. Hier kann zwar auch die Güte der Leistungen nachgewiesen werden, aber es empfiehlt sich, zusätzlich Beschäftigte aus dem Unternehmen prominent vorkommen zu lassen. Denn für nichts interessiert sich der Mensch so sehr wie für andere Menschen. Wenn sie ihn überzeugen, weil sie so kompetent, sympathisch, humorvoll, human, engagiert und angenehm wirken, kann und will er sich identifizieren – er baut eine Beziehung zu dem Unternehmen auf, weil er die Person mag, die er aus dem Konzern gerade erlebt oder kennengelernt hat.

All diese Aspekte beeinflussen die Reputation. Sie lässt sich steuern. Dafür sollten Prinzipien berücksichtigt werden, die ich in diesen beiden Beiträgen erläutert habe: https://dgfr.online/wie-funktioniert-reputationsmanagement-teil-1/ und https://dgfr.online/wie-funktioniert-reputationsmanagement-teil-2/.

In Krisensituationen sollten Organisationen mehr tun,
als allgemein von ihnen erwartet wird

Das Vertrauen zu einem Unternehmen kann schnell sinken, wenn es eine Krise erlebt, wenn ihm Fehler nachgesagt werden. Dann ist es gefordert, den Schaden schnellstens wieder gutzumachen. Das kann eine große Chance für die Firma sein, ihre Reputation langfristig zu sichern. Denn jetzt steht sie im Rampenlicht, sie hat eine öffentliche Aufmerksamkeit, die sie vielleicht nie mehr wieder erhalten wird: Wie geht sie mit ihrer Krise um? Welche Maßnahmen ergreift sie? Wer berichtet in welcher Weise für das Unternehmen darüber? Idealerweise wird sie dieses Momentum wieder für einen besonders positiven Eindruck nutzen – und damit in entsprechend herausragender Erinnerung bleiben.

In solchen Situationen müssen oft zuerst Gefahren beseitigt, die Ursache des Schadens behoben und die Geschädigten versorgt werden. Parallel dazu sollte sich das Unternehmen um betroffene und besorgte Menschen kümmern. Dabei wird es idealerweise versuchen, erheblich mehr zu leisten, als man von ihm erwarten könnte. Sofern es diesen Eindruck vermittelt und tatsächlich viel mehr tut, als die Öffentlichkeit für möglich gehalten hätte, wird es sein exzellentes Ansehen beibehalten können. Das bedeutet: Das Unternehmen darf sich in dieser Situation nicht als kleinlich erweisen, sondern sollte sich als selbstverständlich großzügige, kundenorientierte und nachhaltig gute Organisation präsentieren.

Mit dem Corporate Wording sind Arbeitgeber
immer sprechfähig – auch und besonders in schwierigen Situationen

Jeder Cent, der in Krisensituationen für die Bereinigung der schwierigen Lage aufgewendet wird, rechnet sich nach unserer Erfahrung langfristig hundertfach. Denn mit diesem Verhalten bleibt eine Einrichtung den Menschen in Erinnerung. In Krisensituationen haben Arbeitgeber also die große Chance, Erfahrungen zu gestalten über ihr vorbildliches Tun, ihre Professionalität, ihre Werte, ihre Menschen, ihre Ansprüche und ihre Kultur – trotz oder gerade wegen der schwierigen Situation, die sie bewältigen müssen.

Diese Erfahrungen bzw. Geschichten werden danach womöglich viele Jahre lang weitergetragen werden. Umgekehrt gilt: Ein falsches Wort eines Verantwortlichen in einer selbst verschuldeten oder mitverschuldeten Krise kann noch Jahrzehnte später zum Schaden der jeweiligen Organisation verwendet werden. Man denke nur an den Spruch des damaligen Exxon-CEOs, der nach der Ölkatastrophe des Supertankers Exxon-Valdez 1989 vor Alaska sagte, er wolle endlich sein normales Leben zurückhaben. Oder an den ehemaligen Deutsche-Bank-Vorstandschef Hilmar Kopper, der nach der Pleite des Baulöwen Jürgen Schneider 1994 die Geldsumme, die den Handwerkern an den von der Deutscchen Bank finanzierten Bauprojekten entstanden war, als „Peanuts“ bezeichnete. Es handelte sich um etwa 50 Millionen D-Mark. Das Wort „Peanuts“ wurde dann 1994 zum Unwort des Jahres gewählt. So etwas bleibt im kollektiven Gedächtnis festgezurrt.

Wir empfehlen deshalb unseren Mandanten, ein Corporate Wording zu entwickeln. Das ist wichtig im Sinne der Reputationssteigerung, der Risikovorbeugung und des Krisenmanagements. Und wir setzen dies auch operativ um. Dieses Wording behandelt jedes Thema, das an die jeweilige Organisation adressiert wird. Damit ist sie stets kommunikationsfähig – zu allen ihren Themen, auch zu den schwierigen. Mit den Führungskräften trainieren wir dann, die formulierten Botschaften geschickt einzusetzen und unterstützen das Unternehmen dabei, eine entsprechende Reputationsstrategie samt eines Reputationsplans zu etablieren. Diese Aktivitäten haben sich vielfach als segensreich erwiesen. Denn auf diese Weise wächst das Ansehen, und die Erträge und Werte steigen.

Herzliche Grüße, Ihr

Matthias Michael, Geschäftsführer der Deutschen Gesellschaft für Reputationsmanagement