10 Punkte für eine positive Wahrnehmung in der Öffentlichkeit, bei den eigenen Mitarbeitern, der Politik, den Investoren und Bewerbern – Faktoren eines Erfolgsmodells aus Deutschland.

Teil 2: Kommunikationsmittel

 

Wenn Mittelständler wissen, welche Geschichten, Fakten und Besonderheiten sie herausstellen und bekannt machen möchten, stellt sich ihnen die Frage, auf welche Weise sie ihre Zielgruppen erreichen. Welche Kommunikationsinstrumente kommen in Frage, um ein mittelständisches Unternehmen positiv in der öffentlichen Wahrnehmung zu verankern? Welche Mittel können welche Wirkungen erzielen?

1. Interne Kommunikation: damit sich die Beschäftigten zugehörig fühlen und sich auch außerhalb der Firma für ihren Arbeitgeber einsetzen

Die Bedeutung der internen Kommunikation steigt – besonders in einer Zeit des Fachkräftemangels –, denn die Beschäftigten wollen eingebunden werden in die Strategie ihres Arbeitgebers. Mitarbeiter fühlen sich nur dann zugehörig zum Unternehmen und identifizieren sich mit den Marken, Produkten, Diensten der Firma, wenn sie umfangreich und offen informiert werden. Die Kolleginnen und Kollegen sind die ersten und glaubwürdigen Agenten und Botschafter ihrer Organisation. Wenn sie ganz und gar überzeugt sind von den Maßnahmen und Produkten ihres Arbeitgebers, wird dies auch bei anderen Anspruchsgruppen wie den Medien, der Politik und den Kunden Eindruck machen. Mitarbeiterbindung funktioniert nicht allein aber eben auch durch eine professionelle Kommunikation. Wer sich wertgeschätzt, freundlich behandelt und detailliert informiert fühlt, wird nicht ohne Not seinen Arbeitgeber verlassen. Eine geringe Fluktuation wiederum wirkt sich positiv auf die Qualität der Leistungen und damit die Produktivität und den Erfolg der Organisation aus.

2. Werbung: vom Produkt- zum Werte-Marketing

Wer Werbung einsetzt, sollte sein Budget kennen, seine Ziele und Zielgruppen, die Unterschiedlichkeit der Werbeformen, die Stärken und Schwächen der Werbung. Mit ihr können schnelle Wirkungen erzielt werden. Aber mitunter werden die Kostengrenzen schnell gesprengt. Online-Werbung kann mit Targeting-Instrumenten (beispielsweise von Google und Facebook) ziemlich genau bestimmte Zielgruppen ansprechen. Aber Werbung bleibt Werbung: Sie ist nicht mehr so glaubwürdig wie in der Vor-Internet-Zeit. Denn jeder weiß heute, dass Werbung lügt. Sie darf das. Aber Beschönigungen und Falschdarstellungen werden zunehmend entlarvt und hinterfragt. Die einfache Unsere-Produkte-sind-großartig-Werbung jedenfalls verfängt nicht mehr. Vielmehr geht es in der Werbung darum, Geschichten zu erzählen. Die Werbeleute nennen das „Content Marketing“.

Deutschen Unternehmen fehlt es noch an Mut und Ideen, um hier erfolgreich zu sein. Hornbach und Edeka sind Ausnahmen. Dabei kann es sich um wahre oder erfundene Stories handeln, die persönlich und emotional dargeboten werden. Die Jugend hasst Werbung, sie überspringt alles, was danach aussieht – ausgenommen dramaturgisch und filmsprachlich professionell erzählte Geschichten. Um junge Leute zu erreichen, sollten Unternehmen folglich Stories entwickeln, die emotional, persönlich und humorvoll sind und dabei höhere Werte ansprechen.

3. Proaktive Medienarbeit: eine glaubwürdige distanzierte Berichterstattung

Eine Kernaufgabe von Öffentlichkeitsarbeit ist noch immer die Zusammenarbeit mit den Massenmedien. Denn die Medien stellen Öffentlichkeit her und berichten meist unvoreingenommen und sachlich das, was man ihnen darlegt. Aber: Journalisten wahren eine professionelle Distanz und stellen auch unbequeme Fragen. Darauf sollten die Unternehmenssprecher vorbereitet sein und ihre Botschaften und Antworten parat haben. Zum Repertoire der Medienarbeit zählen z.B. die Pressemitteilung, die Pressekonferenz, das Hintergrundgespräch, das exklusive Einzelgespräch, die Werksbesichtigung, die Produktvorstellung, die Messepräsentation, das Angebot für einen Fernseh- oder Radiobeitrag, der beständige inhaltliche Austausch mit Regional-, Fach- und Publikumsmedien und Vieles mehr. Nachteil: Das Unternehmen gibt Kontrolle ab – die Kontrolle über die Berichterstattung. Vorteil: Die Medienberichterstattung genießt hierzulande eine hohe Glaubwürdigkeit und wirkt über den Tag hinaus im Internet weiter.

4. Veranstaltungen: Möglichkeit der Differenzierung vom Wettbewerb

Jede Firma sollte hin und wieder zu Veranstaltungen einladen, um auf sich aufmerksam zu machen oder um die interne Kultur zu pflegen. Das Spektrum reicht von Sommerfesten und Weihnachtsfeiern über Kundenveranstaltungen, Tagungen, Thementagen, Messen, Hausführungen, Produktvorstellungen (Beispiel: Vorstellung des I-Phone durch Steve Jobs), Wettbewerben und Show-Darbietungen. Hierbei können Räume und Gebäude auf eine ungewöhnliche Weise genutzt werden. Wenn beispielsweise eine Hotellobby oder eine Produktionshalle oder ein Einzelhandelsgeschäft zum Ort einer Fußballweltmeisterschafts-Übertragung wird oder eines philharmonischen Konzertes oder einer Kinopremiere oder eines Seifenkistenrennens, dann dokumentiert die betreffende Firma zumindest Einfallsreichtum, Phantasie, Aktivität und einen Sinn für Überraschungen.

Solche Events dienen dazu, sich vom Wettbewerb zu differenzieren. Auch können bestimmte Anspruchsgruppen hier gezielt zu Agenten bzw. Fans des einladenden Unternehmens werden. Und sofern sie eingeladen sind, werden natürlich auch Medienvertreter kommen und berichten. Vorteile: Der Veranstalter kann Zielgruppen gesteuert einbinden und behält die Kontrolle über die Veranstaltungsinhalte. Nachteile: Veranstaltungen bedingen einen mitunter erheblichen organisatorischer Aufwand und entsprechende Kosten.

5. Soziale Medien: schnelle Erfolge bei berechenbaren Risiken

Die bekanntesten Social-Media-Plattformen, die Unternehmen nutzen können, sind YouTube, Facebook, Twitter, Instagram, Xing, LinkedIn. Jede hat Vor- und Nachteile für Firmen. Zunächst sollten die Ziele und Zielgruppen festgelegt werden, dann die zu kommunizierenden Inhalte, dann der Kanal bzw. die Instrumente. Instagram beispielsweise ist ein Portal für Fotos und zunehmend auch Videos aus einer schönen, kunstvollen und sauberen Selbstdarstellungswelt. Kritische Kampagnen und gesellschaftliche Missstände sind hier eher nicht zu thematisieren und zu erwarten. Auch Blogger Relations, also der Beziehungsaufbau zu Influencern, die eine große Gemeinde von „Fans“ haben und deshalb die Reichweite eigener Aktivitäten vergrößern, kann ins Kalkül gezogen werden. Für Kampagnen in den sozialen Medien gilt, was auch für Werbung zutrifft: Sie sollten authentisch und wahr sein. Auch erfundene Geschichten sind erfolgreich, sofern sie professionell erzählt werden und als fiktive Story erkennbar sind.

Insgesamt überwiegen die Chancen bei weitem die Risiken. Aber jedes Unternehmen sollte mit Bedacht und mit Struktur soziale Medien nutzen, denn nicht nur die Erfolge, sondern auch die Fehler bleiben im Netz dauerhaft erhalten und können nachhaltigen Schaden anrichten. Vorteile des Einsatzes sozialer Medien: mitunter preisgünstig umsetzbare Kommunikation. Ansprache junger Menschen und Meinungsführer. Aura von Modernität. Sofortige Reaktionen – die Chance für quick wins in der Öffentlichkeitsarbeit. Nachteile: Blogger sagen ihre (volatilen) Meinungen, ohne dass sie die Möglichkeiten einer wissenschaftlichen Analyse der Produkte haben oder suchen. Fehler und Peinlichkeiten bleiben allzeit auffindbar. Und man erreicht nur bestimmte Zielgruppen.

6. Eigenpublikationen: Chance zur modernen zielgerichteten Selbstdarstellung

Heute kann jede Organisation ihre Zielgruppen selbst erreichen. Sie braucht die Medien nicht mehr zwingend zur Herstellung von Öffentlichkeit, wenn sie geschickt und wirkungsstark selbst publiziert. Auch teure Werbekampagnen können sich viele Unternehmen weitgehend sparen. Mit vielfältigen digitalen und analogen Veröffentlichungen machen Organisationen auf sich aufmerksam. Dazu zählen Geschäftsberichte, Nachhaltigkeitsinformationen, Broschüren, Newsletter, Mitarbeiter- und Kundenmagazine, Produktkataloge, Videos, Social-Media-Aktivitäten sowie die eigene Website. Diese Publikationen sollten attraktiv gestaltet sein und möglichst nicht werblich wirken, sondern eher informierend, erkenntnisfördernd und unterhaltsam. Damit kommen sie den Bedürfnissen der Zielgruppen entgegen und werden entsprechend rezipiert und empfohlen. Zudem bewirken Eigenpublikationen immer einen Imagetransfer auf die Marken, Leistungen, Produkte und Menschen des herausgebenden Unternehmens.

7. Videos und Virals: unverzichtbar in unserer Welt der bewegten Bilder

Für viele Organisationen sind Videos das Kommunikationsmittel der Wahl. Denn damit kann man auf eine glaubwürdige Weise in kurzer Zeit viele Menschen erreichen. Die bewegten Bilder bilden Vertrauen, weil die Menschen glauben, was sie sehen. Wir Augentiere nehmen als gegeben hin, was wir bei YouTube oder im Fernsehen wahrgenommen haben. Videos symbolisieren darüber hinaus mediale Professionalität, Technikoptimismus und Zukunftsfähigkeit. Und sie wirken sehr lange, weil sie über viele Jahre hinweg im Internet aufgerufen werden. Für manch ein mittelständisches Unternehmen empfiehlt sich ein YouTube-Kanal, weil es damit potenzielle Bewerber ansprechen kann, weil es seine Besonderheiten und Erfolge ins Schaufenster stellt und – geschickt positioniert – eine enorme Aufmerksamkeit erzielt.

8. Dialog mit allen Anspruchsgruppen: keine Zukunft ohne Kommunikationsmanagement

Früher reichte es vielen B2B-Unternehmen aus, ausschließlich mit ihren Kunden zu kommunizieren. Wenn sich die Geschäftspartner überzeugt zeigten von der Qualität der Waren und Leistungen, war das Management zufrieden. Niemand sonst sollte wissen, was die Firma machte, wie es darin zuging und wie erfolgreich sie war. Diese Zeiten sind vorbei. Wer heute sein Kommunikations- und Reputationsmanagement vernachlässigt, wird nicht zukunftsfähig sein. Denn jeder kann kommunizieren, auch anonym, und große bzw. einflussreiche Zielgruppen erreichen. Hier lauern Chancen und Gefahren – bis hin zur Insolvenz eines Unternehmens aufgrund von Gerüchten, Falschmeldungen und entsprechenden Imageverlusten.

Deshalb heißt das Gebot der Stunde: Dialog mit allen Anspruchsgruppen. Dazu zählen beispielsweise die eigenen Mitarbeiter, der Betriebsrat und die Gewerkschaften, aber auch externe Gruppen wie die Lieferanten und Geschäftspartner, Behörden, die Lokalpolitik, der Gesetzgeber, Medien, Nachbarn der Produktionsstandorte oder auch Initiativgruppen und Kritiker. Wir leben in der Zeit der Digitalisierung, der Globalisierung und damit auch der Transparenz. In Zukunft werden Unternehmen erfolgreich sein, die den gestiegenen Ansprüchen der Menschen nach Informationen, nach Verlässlichkeit, Reflexion und Problemlösungskompetenz Rechnung tragen.

9. Public Affairs: wichtige Beziehungen zur Kommunal-, Landes- und Bundespolitik

Auch kleinere Firmen können ein Lobbying für ihre Anliegen betreiben. Sie erreichen dies z.B. durch eine aktive Verbandsarbeit: Wenn sich der Geschäftsführer eines kleineren Unternehmens in den Vorstand seines Branchenverbands wählen lässt und dort konstruktiv einbringt, fällt es ihm leicht, auch Kontakte zu kommunalen, zu Landes- oder Bundespolitikern aufzubauen. Solche Beziehungen zu Verantwortlichen aus dem politischen und gesetzgeberischen Raum können entscheidend wichtig sein, um entsprechende Tendenzen rechtzeitig kennenzulernen und das eigene Unternehmen darauf vorzubereiten. Außerdem sollten Unternehmen die Chancen nutzen, Politiker über ihre Interessen, Bedürfnisse und Sorgen zu informieren. Sobald es um Arbeitsplätze und damit Wählerstimmen geht, haben die Abgeordneten ohnedies ein Interesse an den wirtschaftlichen Bedingungen und Besonderheiten ihrer Wahlkreise.

10. Wikipedia: Reichweite und Glaubwürdigkeit der eigenen Themen

Die Textbeiträge im größten Online-Lexikon kann jede Organisation, die smart agiert, mitbestimmen, indem sie Medienberichterstattung einstellt und den Beitrag verlängert. Falsche oder nebensächliche oder nachweisbar irrelevante oder veraltete Angaben können gleichzeitig entfernt werden. Dies muss den Wikipedia-Autoren mitunter erklären. Deshalb sollte der Eintrag über das eigene Unternehmen oder die eigene Institution gepflegt werden. Zudem können neue lexikalische Begriffe, die das eigene Geschäftsmodell, die Produkte, Verfahren, Dienstleistungen, Veranstaltungen betreffen, bei Wikipedia hochgeladen und sachlich mittels Quellenbelegen aus seriösen Veröffentlichungen beschrieben werden. Auch Fotos, Grafiken und Videos sind hier einsetzbar. Immer ist allerdings auf die absolute Sachlichkeit zu achten. Werbliche Inhalte werden von den Wikipedianern entfernt. Die Vorteile des Online-Lexikons sind dessen große Glaubwürdigkeit und Reichweite sowie die Langlebigkeit der Inhalte für das interessierte Publikum. Die Kosten sind gering.

Prof. Dr. Matthias Michael, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Reputationsmanagement