Organisationen können wertschätzend dialogisch kommunizieren, ebenso wie das Menschen tun: Hauptsache, man kennt sich, mag sich und vertraut sich

Immer wieder erleben wir, dass mittelständische Unternehmen sich darüber beklagen, in den Massenmedien kaum oder gar nicht vorzukommen. Deshalb fehle es an gesellschaftlicher Akzeptanz, so die Unternehmen: Nur bei Störfällen zögen die Medien schrecklich über sie her, obwohl sie das Unternehmen doch eigentlich gar nicht kennten und nie vor Ort gewesen seien.

Solche Seufzer sind unberechtigt. Denn zum Reputations- und Krisenmanagement zählt auch eine gute Unternehmensführung (Corporate Governance), die sich beispielsweise in einer Transparenz und Liberalität offenbart. Firmen, die leidenschaftlich einen offenen und vertrauensvollen Dialog mit sämtlichen Anspruchsgruppen – auch den Medien – pflegen, müssen sich vor Journalisten nicht fürchten. Im Gegenteil: In schwierigen Situationen werden die Berichterstatter Verständnis aufbringen für die Perspektive der Firma; immer vorausgesetzt, man kennt sich, mag sich und vertraut sich.

Quid pro quo gilt auch
im Umgang mit Journalisten

Das ökonomische Prinzip Quit pro quo (wer etwas gibt, erhält eine angemessene Gegenleistung) gilt auch im Umgang mit den jeweiligen Interessensgruppen, z.B. mit Redaktionen. Unternehmen, die Reporter einladen, ihnen das Geschäftsmodell, die Produkte und Leistungen erläutern, ihnen bereitwillig alle Fragen beantworten und noch die Gabe haben, Geschichten zu erzählen, werden nach meiner langjährigen journalistischen und beratenden Erfahrung immer rücksichtsvoll bis wohlwollend in den Medien vorkommen. Hierbei geht es stets darum, ob sich die Berichterstatter in die Unternehmer oder Manager hineinversetzen können, ob sie deren Handeln verstehen und gutheißen.

Trotzdem sollten Manager nicht den Fehler machen, auf amikale Beziehungen zu Journalisten zu hoffen. Deren wichtigste Tugenden sind die der Neugier und der kritischen Distanz, was besonders bei Störfällen und bei angenommenen Missständen zum Tragen kommt. Das musste z.B. der ehemalige Bundespräsident Christian Wulf erleben, als er beim damaligen Chefredakteur der Bildzeitung auf den privaten Anrufbeantworter gesprochen hatte.

Das bedeutet: Wer in den Medien dargestellt werden will, braucht den Mut, sich zu öffnen und ein Stückweit Kontrolle abzugeben. Dazu gehören eine professionelle Vorbereitung und das Bewusstsein, nicht perfekt zu sein und nicht perfekt sein zu müssen. Nur: Die entscheidenden Themen der Branche sollte das Unternehmen schon erkannt haben und sich hier deutlich positionieren, besonders im Hinblick auf die moralischen Ansprüche der Gesellschaft. Denn Journalisten setzen für ihre Publikationen ganz eigene Schwerpunkte und lassen sich ihre Wertungen und Beschreibungen nicht von den Interviewten und Porträtierten aufdrängen oder absegnen – sonst handelte es sich um Anzeigen.

Aristoteles forderte Logos, Ethos, Pathos.
Heute kommt der Mythos hinzu

Viele Unternehmen versuchen, sich an Aristoteles‘ drei Kriterien für Überzeugung zu orientieren, um ihre Kunden für sich einzunehmen. Der griechische Philosoph hatte herausgefunden, dass Menschen sich dann beeinflussen lassen, wenn Logos, Ethos und Pathos zusammenwirken. Dabei meint Logos die Beweisführung bzw. die Botschaft oder den Inhalt einer Nachricht. Ethos umschreibt die Glaubwürdigkeit des Senders der Nachricht, beispielsweise durch seine wissenschaftliche Expertise, seine intellektuelle Integrität oder seine moralische Autorität. Unter Pathos sind das Medium, das Setting und die Story zu verstehen, die eingesetzt werden, um die Nachricht zu adressieren.

Welche dieser drei Faktoren für die Überzeugung von Menschen verlieren an Bedeutung? Und welche werden wichtiger in unserer heutigen Mediokratie? Die Richtigkeit einer Botschaft tritt leider zunehmend in den Hintergrund. Der Sprecher bzw. die Quelle der Nachricht bleibt wichtig – das dokumentiert schon die Personalisierung als Trend in der Medienberichterstattung. Aber das Pathos zeigt sich heute besonders wirkmächtig. Denn die Menschen wachsen auf mit Stories aus dem Leben anderer, sie lieben ihre Geschichtenbücher, beispielsweise die Bibel und den Koran. Wir identifizieren uns mit den darin vorkommenden Helden und lehnen deren Gegenspieler ab. Unsere Phantasie wird angeregt von dem jeweiligen Geschehen, wir träumen uns in die Bilderwelt der Erzählung.

Geschichten tragen zur Weiterentwicklung
der Zivilisation bei

Geschichten berichten vom richtigen und falschen Tun und seinen Konsequenzen. Sie geben Beispiele für Entwicklungen und reduzieren Komplexität, indem sie von Traditionen, von Kulturen, von Werten, von Verhaltensweisen erzählen. So transportieren sie Wissen und Erfahrungen und tragen zur Weiterentwicklung der Zivilisation bei. Sie geben Orientierung, erzeugen Vertrauen und wecken Hoffnung. Immer drehen sie sich um Menschen, die Konflikte lösen müssen – und die Art, wie sie ihre Herausforderungen bewältigen. Dabei sind sie unterhaltsam, weil wir nicht nur rational, sondern auch emotional etwas miterleben können. Idealerweise werden alle Sinne und unser Gefühl für Spannung und Drama angesprochen.

Mittels Geschichten können wir Aktivitäten erleben, die wir nicht körperlich erfahren haben. Über diese Mythen des Alltags erschließen wir uns die Welt. Sie tragen dazu bei, die Wirklichkeit zu ordnen, stiften so Sinn und legen uns Antworten nahe auf die Frage, wie wir leben sollten. Denn am Ende, jedenfalls von wertvollen Erzählungen, haben wir eine Moral verstanden.

Am Ende der Erzählung haben wir
etwas gelernt für unser Leben

Das Leben ist in den vergangenen Jahrtausenden immer durch ein wirkungsvolles Storytelling verändert worden. Es gibt keinen Anlass zu glauben, das sei heute oder in Zukunft anders. Im Gegenteil: Es war nie so leicht, die ganze Welt zu erreichen mit einer wirklich gut erzählten Geschichte, die einen Wert transportiert, den die meisten Menschen teilen und der zum Mitmachen animiert. Beispielsweise Gerechtigkeit. Oder Loyalität. Oder Familiensinn. Oder Fürsorge. Oder Liebe. Diese humane Moral verändert sich nicht. Sie steht ehern seit Jahrtausenden, und zwar in allen Kulturen, Ethnien und Regionen der Welt. Deshalb versteht auch jeder Mensch eine Geschichte, die solche Werte dramaturgisch geschickt erzählt und für sich in Anspruch nimmt.

Unternehmen können sich als wertebasierte Organisationen präsentieren. Bei ihnen eignen sich z.B. allegorische Geschichten über Fehler, Erkenntnis und Läuterung.

Übrigens wirkt neben Logos, Ethos und Pathos heute nach unserem Empfinden ein viertes Mittel der Überzeugung von Menschen: der Mythos. Darunter verstehen wir bei der DGfR die Aura von Nachhaltigkeit, von vorbildlichem Handeln, also die Zugehörigkeit zu einer richtigen Sache, die Überzeugung für das Gute. Unternehmen, die es schaffen, einen einzigartigen Mythos zu entfachen, programmieren damit einen langfristigen Erfolg.

300 Fragen zur Analyse der Reputation
sowie eine Strategie zum Umgang mit den Ergebnissen

Um erstens die Reputation einer Organisation, ihre Symbolik, ihren Gemeinwohlnutzen, ihre Modernität und zweitens ihre Risiken/Gefahren, Stärken, Schwächen und Chancen (Swot-Analyse) zu identifizieren, analysieren wir bei der DGfR unsere Auftraggeber mit 300 Fragen (unterschiedliche Kurzformen sind möglich). Die jeweilige Organisation bestimmt selbst den Umfang und die Befragungsgruppen. Am Ende erhält sie eine detailreiche Analyse ihrer Reputation sowie eine individuelle Beratung und Strategie, wie sie damit umgehen kann.

Nach und durch die Analyse entsteht in der Regel auch das Corporate Wording bzw. das Kommunikationsmanual des Unternehmens. Dieses Dokument ist die Grundlage für die Reputationsstrategie. Es umfasst die wesentlichen Botschaften, die die Organisation ausmacht und kommunizieren könnte sowie alle Risikothemen und entsprechende Formulierungen. Das Corporate Wording ist strukturiert und priorisiert verfasst und dient der Störfallprävention. Als solches ist es auch Bestandteil des Krisenhandbuchs.

Die 30 Schritte des Krisenmanagements
lassen sich prüfen, proben und optimieren

Überhaupt sollte sich jede Organisation mit dem Thema Krisenmanagement und seinen fünf Dimensionen auseinandersetzen. In der DGfR haben wir dafür 30 strukturierte Schritte entwickelt, die wir mit den Auftraggebern beraten, proben, optimieren. Dazu gehören etliche präventive Maßnahmen, die sich den Werten, den Abläufen, der Symbolik und der Kultur des betreffenden Unternehmens widmen.

Beispielsweise hätte sich Volkswagen aktiv schützen können gegen Strukturen, die den unfassbaren, 2015 aufgedeckten Diesel-Abgas-Betrug ermöglicht haben. Aber eben nicht mit Broschüren und Flyern, auf denen Führungsleitlinien, Wertekataloge, Ethikrichtlinien, Compliance-Vorgaben, ein Code of Conduct und eine hehres Selbstbild hochglänzend dargeboten wurden. Die Dokumente hat es sicher alle gegeben, wie bei jedem Konzern. Aber bestimmte Kreise betrachteten solche Konvolute offenbar als Papiertiger zur Beruhigung der Unwissenden. Werte wurden deklamiert, aber nicht gelebt.

Volkswagen und Bosch
waren hochgradig erpressbar

Bei VW wirkten augenscheinlich die eklektischen Führungsprinzipen eines angsteinflößenden Vorstandsvorsitzenden mit Herrscher-Attitüde (Befehl und Gehorsam, Treue und Anerkennung), die klebrigen Machtstrukturen in Aufsichtsgremien sowie klandestine Absprachen mit dem Zulieferer Bosch auf eine unselige Weise zusammen. Jedenfalls wurden basale Risiken missachtet.

Führungskader in beiden Konzernen müssen das Recht als ökonomisch nachrangigen Faktor betrachtet haben – und zwar wissend, dass etliche Kolleginnen, Kollegen, Ingenieure, Techniker und Programmierer das kriminelle Geschehen erkannten oder als Teil desselben vereinnahmt wurden. Damit waren beide Konzerne hochgradig erpressbar.

Entscheider mussten gewiss die Summen und Projekte freigeben, die Aufträge an Bosch weiterreichen, den Verlauf der Arbeiten überwachen und justieren, um schließlich intern „Erfolg!“ vermelden zu können. Dann, so ist zu vermuten, musste der Einbau des als „Defeat Device“ verharmlosten Motorsteuerungsprogramms fürs vorsätzlich kriminelle Abschalten von Luftreinigern befohlen werden, was schließlich von Ingenieuren oder Technikern auch umgesetzt wurde. Bis heute ist der Öffentlichkeit kaum bekannt, wie viele und welche Mitarbeiter über wie viele Monate damit zu tun hatten, wer was wusste, inwieweit welche Spitzen-Manager involviert waren und wer die dreiste Strategie auf wessen Weisung mit welchem Ziel erdacht hatte.

Wenn ein leitender Mitarbeiter geht,
nimmt er das strategische Wissen des Konzerns mit

Hunderttausende Fahrzeuge sind mit den Programmen zum Dreckigwerden bestückt worden, ohne dass die Kunden davon wussten. Währenddessen liefen im Fernsehen Werbespots, in denen eine Oma ihren Freundinnen mit einem weißen Taschentuch am Auspuffrohr ihres Volkswagens dokumentierte, wie sauber ihr Wolfsburger Diesel sei…

Der Riesenbetrug des weltgrößten Autobauers musste auf irgendeinem Kontinent auffliegen, auch wenn vom trägen Kraftfahrtbundesamt dahingehend keinerlei Neugier zu befürchten war. Aufgrund des zweifelhaften Krisenmanagements von Volkswagen wird seit Jahren Vertrauen vom Konzernkonto abgebucht. Oft hören solche Organisationen auf ihre Hausjuristen, die ihnen raten: Bloß kein Pardon und kein Entgegenkommen! Denn das kann als Schuldeingeständnis gewertet werden. Lieber Salamitaktik, flankiert durch Kleinreden des Schadens. Und weiter versuchen, die Geldsäcke gegen die Ansprüche der eigenen Kunden verschlossen zu halten.

In manchen Chefbüros wird noch nicht verstanden, dass sich die Zeiten gewandelt haben: dass fast alles früher oder später raus kommt in der Ära der Digitalisierung, dass es keine Geheimnisse mehr gibt in der Jeder-kann-jedem-in-Sekundenschnelle-alles-kommunizieren-Welt, dass Organisationen schon aus Eigenschutz zur Transparenz verpflichtet sind. Wenn ein leitender Mitarbeiter zum Wettbewerb geht, nimmt er das gesamte strategische Wissen des Konzerns mit.

Wir leben in der Ära ohne Geheimnisse;
alles kommt raus

Welche Möglichkeiten haben Unternehmen und andere Organisationen, Öffentlichkeit herzustellen? Die Welt der Kommunikation gliedert sich in vier Kategorien, die mit dem Akronym GABE zusammengefasst werden können: geteilte Inhalte, aktivierte Inhalte, bezahlte Inhalte und erzielte Inhalte.

Die journalistische Berichterstattung infolge von aktiver Medienarbeit der Unternehmen umfasst die erzielten Inhalte. Bezahlte Inhalte meinen Anzeigen, Inserate, sogenannte Advertorials und sonstige Medienbeiträge, für die Organisationen Geldbeträge an die Publikationsorgane überweisen. Unter geteilten Inhalten sind Texte, Fotos, Grafiken, Präsentationen und Videos zu verstehen, die auf sozialen Medien angeboten werden und die jedermann nutzen bzw. kommentieren und verlinken oder weiterleiten kann. Aktivierte Inhalte sind Eigenpublikationen wie beispielsweise ein Geschäfts- oder Nachhaltigkeitsbericht, Webseiten, eine Rede, ein Unternehmensbuch, eine Broschüre, Image-, Erklär-, Produkt-, Veranstaltungsfilme sowie Kampagnen.

Organisationen sollten sich dieser Instrumente und ihrer Vor- und Nachteile bewusst sein, bevor sie an die Öffentlichkeit gehen. Eine individuelle Reputationsstrategie ist unerlässlich, damit keine unerwünschten Nebenwirkungen und -Schäden entstehen.

Riesige runde Displays
erobern den öffentlichen Raum

Die Chancen und Gefahren der Unternehmenskommunikation waren nie so groß wie heute. Denn im Zuge der Digitalisierung haben wir es mit zwei technischen Revolutionen und ihren Folgen zu tun:

  • Erstens kann jeder Bürger Öffentlichkeit herstellen. Wenn er es geschickt anstellt, finden seine Darstellungen in den sozialen Medien eine millionenfache Verbreitung und werden danach zusätzlich von den Massenmedien Zeitung, Radio und Fernsehen übernommen. Jedermann kann sich vernetzen und in seinem Bestätigungszirkel (Filterblase; Echokammer) zum Meinungsführer werden und dabei viel Zustimmung ernten. So mag sich die Weltsicht mancher Menschen verengen… Für Unternehmen gefährlich können politische oder extravagante Darstellungen sein und seien sie noch so harmlos, weil dadurch Anspruchsgruppen möglicherweise abgeschreckt oder sogar aufgebracht werden. Andererseits agiert die Wirtschaft im politischen Raum. Sie hat die Chance, Haltung zu zeigen, damit viel Zustimmung zu ernten und Vertrauen aufzubauen. Nike beispielsweise hat das 2018 mit der Kampagne mit Colin Kaepernick wirkungsvoll getan.Das Diktum, wonach die Wirtschaft unpolitisch zu sein habe, ist überholt – und zwar sowohl für B2C-Unternehmen als auch zunehmend für B2B-Firmen. Wenn sie bestimmte Werte missachten, z.B. christliche, werden sie von ihren Kunden, von Verbrauchern, von Initiativen, von Medien und anderen Einflussgruppen dafür kritisiert und bloßgestellt. Gerade Heranwachsende, außerdem viele Frauen sowie sozial- und umweltbewegte Menschen konsumieren verstärkt politisch. Als ich heute ein Foto suchte, fiel mir dieses Eingeständnis und Versprechen auf, das die Website des Anbieters dominierte: „Schon viel zu lange haben wir bei Getty Images keine offizielle Position zu Rassismus gegen schwarze Menschen und People of Colour (POC) bezogen, was wir nun ändern werden – denn dieses wichtige Thema duldet keinen Aufschub. Warum haben wir mit der Veröffentlichung einer externen Stellungnahme so lange gewartet? Das ist eine berechtigte Frage und wir können jegliche Kritik an dieser Verzögerung nachvollziehen. Es fehlt uns – insbesondere in der Führungsebene – an der Vielfalt und Inklusion, die wir aufrichtig anstreben, so dass wir unsere schwarzen Kollegen innerhalb und außerhalb von Getty Images dazu befragt und uns mit ihren Erfahrungen intensiv auseinandergesetzt haben…“ Das ist sicher nicht perfekt dargestellt, z.B. weil Konkretisierungen fehlen und nur schwarze Menschen genannt werden. Aber es ist ein Beginn, der sich redlich anhört. Das Unternehmen wird seine diesbezüglichen Versprechen einlösen müssen.
  • Zweitens gibt es inzwischen runde Displays: für Laptops, für Smartphones und für Billboards. Die neuen technischen Möglichkeiten werden zu einer rasanten Verbreitung von Bildschirmen im öffentlichen Raum führen. Möglicherweise erleben wir Autos, deren Türen und Kotflügel Displays sind und uns mit Werbespots traktieren. Auch großflächige Screens, beispielsweise auf dem Seitenleitwerk eines Passagierflugzeugs oder auf dem Schornstein eines Kreuzfahrtschiffes sind denkbar. Das bedeutet: Viel mehr als heute werden wir vermutlich in der Zukunft von bewegten Bildern in unserer Umwelt abgelenkt und beeinflusst: noch mehr Abwechslung, noch weniger Muße.

Die chronic Know-nothings
interessieren sich nicht für Nachrichten

Der Journalismus leidet unter beiden beschriebenen Entwicklungen und kämpft gegen den Bedeutungsverlust. Eigentlich war er nie so wichtig wie in der Zeit der Fake News, der Deep Fakes und der Manipulationen von Wahlen wie heute. Aber er hat es schwer, weil viele Menschen nicht mehr zwischen (unwichtigen) Informationen und (wichtigen) Nachrichten unterscheiden können – und oftmals nicht einmal differenzieren wollen. Wenn das Angebot an Unterhaltung steigt, haben die chronischen Nichtswisser (chronic Know-nothings, so nennt die Medienwissenschaft Menschen, die Nachrichten bewusst meiden) beste Chancen, allem Bedeutungsvollen aus dem Weg zu gehen.

Der Journalismus, dessen Wesen eine solide Recherche ist, reagiert auf den Wettbewerb der sozialen Medien und Meinungsplattformen mit vier Entwicklungen: Personalisierung, Emotionalisierung, Boulevardisierung und Skandalisierung/Hysterisierung. Als beispielsweise an einem Strand auf der Insel Rügen zwei tote Wildgänse gefunden wurden, die an der Vogelgrippe gestorben waren, titelte ein Massenblatt: Die Todesinsel! Ein erklärender und einordnender Journalismus sieht anders aus.

Zudem leiden die Druckmedien unter dem Verlust ihres alten Geschäftsmodells, bei dem sie zwei Drittel ihrer Einnahmen aus Anzeigen erlösten und ein Drittel aus dem Abonnement- oder Kioskverkauf. Inzwischen sind die meisten Inserate und die Markenwerbung ins Netz abgewandert: ob Kleinanzeigen, Stellenanzeigen, Autoanzeigen, Kontaktanzeigen, Hochzeitsanzeigen, Immobilienanzeigen – ja selbst für Todesanzeigen gibt es Online-Plattformen. Die Folge der Umsatzverluste: Verlage entlassen noch weitere Redakteure, Titel verschwinden vom Markt, Zeitungen und Magazine werden immer dünner, die journalistische Qualität sinkt.

Mittels White Papers können Unternehmen
die Deutungshoheit zu wichtigen Themen reklamieren

Vor diesem Hintergrund sollte Unternehmen daran gelegen sein, als Meinungsführer zu ihren Branchenthemen anerkannt zu werden. Das gelingt beispielsweise durch den Einsatz von White Papers zu drängenden Fragestellungen. Hierbei macht sich eine Firma die Mühe, ein Problem wissenschaftlich zu durchdringen, die wichtigsten Studien und Deutungen dazu zu analysieren, die entsprechenden Experten zu befragen und sämtliche plausiblen Lösungsmöglichkeiten mit Vor- und Nachteilen bzw. Bedenken und Schäden wissenschaftlich sattelfest darzulegen. Danach werden alle diese Erwägungen übersichtlich sortiert. Am Ende kann das Unternehmen zu einer Schlussfolgerung aus den gewonnenen Erkenntnissen kommen.

White Papers sollten aktiv verbreitet werden. Sowohl die einschlägigen Experten als auch die politisch Verantwortlichen als auch Unternehmer und Journalisten lesen sie. Möglicherweise wird der auftraggebende Geschäftsführer sein White Paper sogar im Rahmen von Mediengesprächen der Öffentlichkeit präsentieren. Er kann eine Paneldiskussion veranlassen, das White Paper auf die eigenen Webseiten stellen lassen und mitunter sogar einen Wikipedia-Artikel zum behandelten Thema verfassen oder bestehende ergänzen. Auch im eigenen Social Media Newsroom kann das White Paper ausführlich vorgestellt und über die unterschiedlichen sozialen Kanäle und Eigenpublikationen gespielt werden.

Deutsche Unternehmen nutzen diese Möglichkeit vergleichsweise selten. Dabei könnten sie dadurch an Ansehen und Vertrauen gewinnen und sich mit einer glaubwürdigen Arbeit mit wissenschaftlichem Anspruch zu Wort melden und – wie beschrieben – die Deutungshoheit über das Thema gewinnen.

Ein Manifest setzt Maßstäbe
für Qualität, Nachhaltigkeit und Fürsorge

Ebenso wichtig kann ein weiteres Instrument sein, um die allgemeine Perzeption eines Unternehmens positiv zu beeinflussen: ein Manifest.

Diese Deklaration, die häufig auch als Charta veröffentlicht wird, definiert die Ansprüche der Organisation und die Qualitätsmerkmale ihrer Leistungen und Produkte. Damit differenzieren sich ambitionierte Firmen und besonders Marktführer von ihrem Wettbewerb. Sie erläutern schriftlich und durch Statements ihrer Führung sowie in Form von Videos, warum sie höhere Standards ansetzen und gewährleisten als das branchenüblich oder gesetzlich vorgeschrieben ist. Das können Qualitätskriterien sein, soziale oder ökologische Anforderungen. Auf diese Weise symbolisiert das Manifest-Unternehmen auch seine Ambition und Selbstwahrnehmung als einzigartig sinnhaltige und maßgebende Einrichtung. Doch Vorsicht: Sich als Benchmark zu positionieren, setzt selbstredend den Nachweis und die Einhaltung der Versprechungen voraus, und zwar jederzeit, z.B. auch gegenüber den Beschäftigten. Deshalb sollten Organisationen an den Formulierungen ihres Manifestes präzise feilen.

Nur eine Zieldefinition, beispielsweise den Wunsch, in einer bestimmten Zeit klimaneutral sein zu wollen (während es andere Konzerne längst sind), reicht beileibe nicht aus für die Veröffentlichung einer Charta. Auch reine wirtschaftliche Ziele wie beispielsweise eine angestrebte 25-prozentige Umsatzprofitabilität einer Bank gehören nicht hinein. Solche Einlassungen können einen gegenteiligen Effekt haben und Anspruchsgruppen geradezu auf- und abschrecken.

Der KVP bewirkt wirtschaftliche
und kulturelle Verbesserungen

All diese Marketinginstrumente wirken nach innen und nach außen. Sie verbessern nicht nur die Wahrnehmung, sondern auch die Kultur, die Prozesse, die Qualität und die Ansprüche der Organisation. Auch ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess (KVP) gehört als Conditio sine qua non zu diesen Aspekten. Die Japaner sprechen hier von Kaizen. Es geht darum, die Organisation stetig leistungsfähiger zu machen – sowohl wirtschaftlich als auch kulturell und bezogen auf das Gemeinwohl. Hierfür ist die Belegschaft meist leicht zu begeistern, denn alle Ziele sind in ihrem Interesse. Jeder, der sich erkennbar Gedanken darüber macht und mit Leidenschaft Vorschläge einbringt, sollte belohnt werden. Auf diese Weise entsteht eine Atmosphäre von Aufbruch, Kundenorientierung und Kreativität. Gleichzeitig identifiziert die Organisation Abteilungen, Führungskräfte und Mitarbeiter, die sich überhaupt nicht einbringen. Hier wären die Ursachen für das fehlende Engagement zu ergründen und zu beseitigen.

Mit Maßnahmen wie Klärungshilfe, Teamentwicklung und persönlichem Coaching helfen wir in der DGfR Organisationen, sukzessive noch erfolgreicher zu werden, sowohl bezogen auf wirtschaftliche als auch – und das besonders gern – bezogen auf kulturelle und atmosphärische Verbesserungen.

Patagonia zu tragen, ist ein Statement
für eine ökologische Avantgarde

Wie lassen sich Werte, Ansprüche und Besonderheiten leben, belegen und kommunizieren? Manche Firmen deklarieren beispielsweise die Nachhaltigkeit bzw. Fürsorge zur Seele und DNA der Organisation. So lebt der Kletterbedarf- und Sportbekleidungshersteller Patagonia seine Werte, z.B. das Mantra: „Nutze das Unternehmen dazu, die Umwelt zu schützen.“ Und: „Wir sind im Geschäft, um unseren Heimatplaneten zu retten.“ In jeder Publikation pflegt die Marke aus Ventura/Kalifornien diesen Anspruch, immer geht es um den Einsatz für Umwelt und Natur. Patagonia stellt sich erfolgreich als ökologische Vorzeigefirma dar. Beispielsweise werden Täler und Tiere geschützt, Second-Hand-Börsen für Bekleidung und Ausrüstung organisiert, ein Reparaturservice für die eigenen Produkte eingerichtet, und ein Prozent des Umsatzes geht an Umweltprojekte.

In umweltbewussten Kreisen gilt das Unternehmen mit seinen vergleichsweise teuren Produkten als Musterbeispiel für zeitgemäßes Wirtschaften. Patagonia zu tragen, ist ein Statement für nachhaltigkeitsorientierte Menschen, die fast fashion mit all ihren sozialen und ökologischen Folgen verurteilen.

Viele weitere amerikanische Firmen proklamieren, mit ihrem Tun die Welt verbessern zu wollen. Sie nennen das „Purpose“, ihr hehres Ziel, das die langfristige Existenz der Organisation rechtfertigt. Solche Betriebe nehmen für sich in Anspruch, eine wirtschaftliche Avantgarde und Speerspitze zu sein – mit der Absicht, die Gesellschaft zu modernisieren und gleichsam zukunftstauglich zu machen.

Nachhaltigkeit beschreibt das neue Paradigma und Axiom
für wirtschaftliches Handeln

All das mag für deutsche Ohren pathetisch, überhöht und ablenkend klingen. Wir unterstellen anderen gern, es gehe ihnen letztlich allein um Gewinn und ein gutes Leben. Mag sein, dass junge Tech-Giganten wie Google, Facebook, Microsoft, Amazon, Uber, Airbnb, Ebay, Paypal, Netflix, Tesla ihre Weltverbesserungs-Attitüde nur inszenieren. Aber sie tun das glaubwürdig, mindestens ihren Beschäftigten und ihren vielen Kunden gegenüber. Sonst wären sie – trotz ihrer kundenorientierten Leistungen – nicht so erfolgreich. Und ihre Unternehmenswerte würden nicht immer weiter in beneidenswerte Höhen steigen.

Sie treffen den Nerv der Zeit. Die Jugend verlangt genau diese Haltung von der Wirtschaft. Das Reden muss freilich durch Handeln gestützt werden, um glaubwürdig und vertrauensbildend zu wirken.

Immer wieder werde ich von Unternehmern gefragt, wie lange ich dem „Trend“ der Nachhaltigkeit noch gebe. Üblicherweise antworte ich dann, dass nicht von einer kurzzeitigen Entwicklung auszugehen ist, sondern von einer Notwendigkeit, dem neuen Paradigma und Axiom für wirtschaftliches Handeln und für die Existenz von Organisationen. Die jüngeren Generationen lernen, anders zu konsumieren. Sie setzen andere Maßstäbe an Unternehmen und Marken. Firmen, die nicht glaubwürdig ihre soziale und ökologische und damit ihre gesellschaftliche Nützlichkeit dokumentieren, werden nicht überleben. Manager und Politiker rangieren in Beliebtheitsrankings weit unten, obwohl sie ständig in den Medien vorkommen und eigentlich Identifikationsmöglichkeiten bieten sollten. Das Vertrauen in die Eliten bröckelt.

Die jungen Generationen wollen nicht mehr ihre Arbeit
richtig machen, sondern sie wollen die richtige Arbeit machen

Insofern könnten kompromittierte Branchen wie Zigaretten-Konzerne, Waffenhersteller und die Braunkohlen- und Brikettindustrie künftig Schwierigkeiten haben, die besten Nachwuchskräfte zu rekrutieren. Meiner Generation der Babyboomer-Jahrgänge ging es tendenziell vor allem darum, nach dem Berufseinstieg ordentlich Geld zu verdienen und den Karrierefahrstuhl zu nehmen. Das ist heute anders: Die Abiturienten und Hochschulabsolventen wollen mehrheitlich nicht mehr ihre Arbeit richtig machen – sie wollen die richtige Arbeit machen. Das belegen viele Umfragen.

Für die Wirtschaft bedeutet dies: Firmen, die die gesellschaftlichen Wirkungen ihrer unternehmerischen Handlungen nicht verstehen (wollen), werden womöglich nicht mehr lange überleben. Es reicht beileibe nicht aus, sich im Rahmen der Gesetze zu verhalten, um künftig ökonomisch erfolgreich zu sein.

Die Amerikaner sind, wie es scheint, uns Europäern beim Purpose voraus. Hierzulande gilt noch immer bei vielen Unternehmen das bekannte Diktum des Wirtschaftswissenschaftlers Milton Friedman aus dem Jahr 1970: The business of business is business. Als ginge es im Unternehmertum nur um Gewinne. Alles andere seien Kollateral-Effekte. Offenbar haben die US-Firmen früher als die europäischen verstanden, das Eintreten für höhere Ziele, für Moral und Gerechtigkeit zu betonen. Wie glaubwürdig die einzelnen Unternehmen dabei sind, das wird neben dem Nutzen ihrer Produkte ihre weitere wirtschaftliche Entwicklung beeinflussen.

Don’t be evilSei nicht böse! lautete einst der zusammengefasste Verhaltenskodex bei Google. Dieses immer umstrittene inoffizielle Firmenmotto wurde im Mai 2018 gestrichen. Die geradezu naiv klingende Aufforderung im Sinne eines hypertrophen Virtue signalling beschrieb wie kaum etwas sonst die Haltung, die Start-up-Unternehmen im Silicon Valley wie selbstverständlich zur Schau stellen. Sie zählt zum Marketing.

Marketing wendet sich an den Markt;
Reputation geht weit darüber hinaus

Marketing wendet sich – Nomen est omen – an den Markt, also an die Stammkunden und an potenzielle Neukunden. Ein Reputationsmanagement geht weit darüber hinaus: Es richtet sich an alle Anspruchsgruppen einer Organisation. Dazu zählen neben den Kunden und Interessierten auch die Beschäftigten, der Wettbewerb, die Politik und der Gesetzgeber, Behörden, Prüforganisationen, Lieferanten und Dienstleister, die Bürger in der Nachbarschaft der eigenen Standorte, die lokalen Influencer, daneben auch Initiativgruppen, die Medien und die gesamte Öffentlichkeit. Das macht die Sache unübersichtlich.

Deutlich wird schon hier, dass ein Reputationsmanagement auf Vertrauen und Integrität gründet. Werbung hingegen darf lügen. Sie hat das immer getan.

In den siebziger und achtziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts erschien das Leben übersichtlicher. Klementine (Ariel), Tilly (Palmolive), Herr Kaiser (Hamburg-Mannheimer), Frau Sommer (Jacobs) und der Marlboro-Mann waren wirkmächtige Testimonials. Auch das Waschmittel mit der roten Schleife, das später mit „Megaperls“ beworben wurde, zählte aufgrund seiner Bekanntheit und vorgeblichen Qualität zu jenen erfolgreichen Fernsehprodukten, die markenbewusste Menschen kauften – selbst wenn die Marken nicht besser schmeckten oder wuschen oder versicherten als andere.

Die Werbe-Penetration im gekauften Raum
hat ihre einstige Wirkung verloren

Damals bewarben Unternehmen ihre Markenprodukte erfolgreich bei ARD und ZDF, weil es kaum andere Möglichkeiten gab und man auf diese Weise Millionen von möglichen Käufern direkt erreichte. Man konnte der Werbung kaum entgehen. Jeder kannte die Jingles, Claims und Logos. Heute hat die Werbung ein Glaubwürdigkeitsproblem. Junge Leute hassen schlechte Werbung, sie wischen sie sofort zur Seite oder klicken sie weg. Trotzdem verdienen einflussreiche Werbeagenturen damit ihr Geld. Sie verführen Unternehmen zu Anzeigen und Spots und zeigen ihnen dann Statistiken, wonach angeblich Millionen Menschen diese Kampagnen gesehen haben und sich die Produkte deshalb – hoffentlich – besser verkaufen. Den Beweis für den Erfolg liefern sie meist nicht. Denn die Penetration durch dumpfe oder pseudolustige Werbung im gekauften Raum hat ihre einstige Wirkung lange verloren.

In der Ära der Aufmerksamkeitsökonomie, der segmentierten Kommunikationskanäle, der Filterblasen und der Ablehnung von nerviger Werbe-Unterbrechung geht es für die Industrie darum, grundlegend anders zu kommunizieren, um Vertrauen bei den Konsumenten aufzubauen.

Die Jugend steht vor Meta-Herausforderungen,
die die vorherigen Generationen verursacht haben

Gleichzeitig wächst die Jugend auf mit Meta-Herausforderungen, die ältere Generationen verursacht haben. Diese Metathemen, an denen Organisationen gemessen werden, lauten: Treibhauseffekt bzw. Überhitzung des Planeten, Bevölkerungsexplosion in armen Weltregionen, Vermüllung der Meere durch Plastik, Artensterben, Schmelzen der Polkappen, Abholzung des Regenwaldes, fortschreitende Flächenversiegelung, ungeklärte Entsorgung von Atommüll, atomare Hochrüstung, Migration, Versteppung ganzer Regionen, Kampf ums Wasser. Hinzu kommen multiresistente Keime, Viruserkrankungen, Pandemien… Mit jedem einzelnen dieser Themen tut sich die Weltgemeinschaft schwer. Alle zusammen verstören die Menschen und machen sie ohnmächtig.

Also verlangen die jungen Generationen Veränderungen: einen Stopp der Ausbeutung von natürlichen Lebensgrundlagen, eine Abwendung vom Neoliberalismus der 1990er Jahre, von Verschwendung und Zerstörung, von der Konzernlenker-Generation der Gewinnmaximierer und Gehaltsoptimierer. Dabei kann sich die Jugend auf Papst Franziskus berufen, der sagte: „Diese Wirtschaft tötet.“

Die Medien übernehmen die Themen der Jugend, jedenfalls in den liberalen Demokratien. Sie bestimmen die Tagesordnung und schüren das Feuer der Veränderung. So wie der Journalismus auch die sogenannten neuen sozialen Bewegungen in den Sechziger und Siebziger Jahren befördert hat. Entsprechend agieren die anderen Stakeholder der Wirtschaft. Alle haben erkannt, dass die Industrie und die Verbraucher die Lebensgrundlagen schützen müssen.

Die Politik handelt wie oft:
spät, nachlässig, disparat

Aber die Politik zeigt bislang keine durchgreifenden Lösungen für die Menschheitsprobleme auf, sie handelt wie oft: spät, nachlässig, disparat. Politiker verfolgen allzu häufig eigene Interessen. Dass beispielsweise die Bevölkerungsexplosion in Afrika nur gelöst werden kann, wenn die Bildung der Menschen dort enorm gefördert wird und sie auf diese Weise bessere berufliche und wirtschaftliche Chancen haben, weiß jeder, der sich mit der Problematik auseinandersetzt. In allen Regionen der Welt bekommen gebildete Frauen weniger Kinder als ungebildete. Europa beklagt sich über die Migration aus Afrika, tut aber nicht genug, um dort die Bildung und damit mittelfristig auch die sozialen Standards und womöglich die Gesellschaftssysteme zu verbessern.

Wie also sollte ein modernes Reputationsmanagement funktionieren? Zunächst ist Einsicht in die Notwendigkeit desselben angebracht. Dies könnte beispielsweise mit der Bestellung eines Chief Reputation Officers (CRO) einhergehen. Der CRO wäre für die Gesundheit und den Schutz der Marken und aller anderen immateriellen Werte des Unternehmens zuständig. Die Person wäre folglich für Firmenkultur/Führung, Nachhaltigkeit, Compliance, Politik, Marketing und Unternehmenskommunikation verantwortlich. Idealerweise sollte sie Mitglied der Geschäftsführung sein .

Organisationen hilft der aktive Dialog:
nicht nur bei Sonnenschein, sondern auch, wenn es regnet

Im Rahmen des Reputationsmanagements werden auch die Symbolik und die Führung der Organisation analysiert und ggf. modernisiert, wobei die Beziehung zwischen Führer und Geführtem in deutschen Unternehmen noch recht häufig monologisch konzipiert ist. Im nächsten Schritt minimiert das Unternehmen seine Risiken und stellt sich so auf, dass eine Gemeinwohlorientierung erkennbar ist. Diese Prozesse und die Neuerungen macht es publik. Die Kommunikation erfolgt proaktiv und wahr, redlich und lösungsorientiert, persönlich und konkret sowie vorzugsweise storydriven und audio-visuell.

Gleichzeitig pflegt die Firma einen engen Dialog mit allen Anspruchsgruppen, optimiert die Qualität ihrer Leistungen und Produkte; sie lebt ein wertschätzendes Miteinander, so dass die Beschäftigten gern zur Arbeit gehen und sich mit ihren Stärken, Besonderheiten, Erfahrungen und Leidenschaften angstfrei einbringen können. All dies versucht sie zu verwirklichen, und zwar nicht nur, wenn die Sonne scheint, sondern auch, wenn es regnet, wenn Schwierigkeiten auftreten und nicht alles rund läuft.

Das ist anspruchsvoll, denn es erfordert die ständige Bereitschaft zur Anpassung an den inkrementellen Wandel. Um es mit Albert Einstein zu sagen: „Die reinste Form des Wahnsinns ist es, alles beim Alten zu lassen und gleichzeitig zu hoffen, dass sich etwas ändert.“

Herzliche Grüße

Matthias Michael

 

Lesen Sie Teil 1 dieses Textes unter:
https://dgfr.online/wie-funktioniert-reputationsmanagement-teil-1/