Gesellschaften und Staaten leiden, wenn einzelne Konzerne Märkte beherrschen, Konditionen bestimmen und Regeln oktroyieren
Oligopole wie im deutschen Telekommunikationsmarkt mit den drei Riesen Telekom, Vodafone und Telefonica (O2) schädigen den jeweiligen Markt und Wettbewerb. Monopole wirken schlimmer – denn sie schädigen die liberale Demokratie. Alphabet (Google) dominiert den internationalen Markt der Suchmaschinen-Unternehmen; Meta hat sich den Markt der sozialen Plattformen Untertan gemacht (Facebook, WhatsApp, Instagram), Amazon steigert seine Umsätze Jahr für Jahr und baut seine Online-Handelsmacht krakenartig aus. Apple ist mit Abstand Marktführer (und Erfinder) beim wichtigsten Produkt unserer Zeit, die auch als I-Phone-Ära beschrieben werden könnte. Uber entzieht Taxianbietern in vielen Ländern die Geschäftsgrundlagen – das Gleiche bewirkt Airbnb auf dem Markt für Übernachtungsangebote: Kleinere Betriebe können nicht mehr mithalten und verschwinden – wirtschaftlich ruiniert – vom Markt. Die neuen Herren der Welt wohnen an der Westküste der USA. Früher waren sie IT-Nerds, heute sind sie Oligarchen des Turbokapitalismus. Sie beherrschen die digitalen The-winner-takes-it-all-Märkte, die darauf angelegt sind, dass sich am Ende ein Monopolist durchgesetzt haben wird.
Dabei bejahen die Bürger in Amerika mit ihrer Technikbegeisterung und ihrem Zukunftsoptimismus blind alles, was blinkt und flackert. Gebenedeit können sich die US-Weltmarktführer fühlen, die den Wohlstand mehren und den Stolz der Nation verkörpern. Die amerikanischen Tech-Giganten schaffen ihre eigenen digitalen Märkte und zerstören traditionelle analoge. Das kann als Zug der Zeit verstanden werden: Wer das weltweite Netz zu spät versteht und nutzt, den bestraft das Leben. Aber man kann das auch anders sehen: Mit ihren digitalen Praktiken unterscheiden diese Konzerne nicht mehr zwischen Service und Überwachung.
Adorno/Horkheimer: Produktivität
führt zur Überlegenheit über die Menschen
Die deutschen Soziologen und Begründer der Kritischen Theorie, Theodor Adorno und Karl Horkheimer, prophezeiten in ihrem Buch Die Dialektik der Aufklärung: „Die Steigerung der wirtschaftlichen Produktivität, die einerseits die Bedingungen für eine gerechtere Welt herstellt, verleiht andererseits dem technischen Apparat und den sozialen Gruppen, die über ihn verfügen, eine unmäßige Überlegenheit über den Rest der Bevölkerung. Der Einzelne wird gegenüber den ökonomischen Mächten vollends annulliert.“ Das betraf 1944, als das Buch herauskam, die analoge Welt. Heute, im Zeitalter der Digitalisierung, gilt ihr prophetisches Diktum umso mehr.
Für jeweils 20 Jahre dominierten zunächst IBM und dann Microsoft den Technologiesektor. In den 2010er Jahren wurden die etwas träge gewordenen Großen durch disruptive und aggressiv auftretende Digitalanbieter wie Facebook und Google herausgefordert und teils abgelöst. Microsoft hat den Wettbewerb angenommen und profitiert von der Cloud, so dass der Software-Konzern seine Programme nur digital vom Rechenzentrum auf den Computer der bezahlenden Nutzer sendet und dafür jedes Mal die verlangten Produktpreise erhält – nahezu ohne eigene Transportkosten. Nicht zuletzt die logistischen Vorteile der Digitalkonzerne gegenüber üblichen Handelsunternehmen mit analogen Produkten, mit Verkaufsfilialen, mit Lagern und Transportfahrzeugen bescheren ihnen märchenhafte Margen, sodass der Office-Hersteller zwischenzeitlich zum wertvollsten Unternehmen der Welt aufstieg.
Die Stimme
wird zur Benutzeroberfläche
Auch was die anderen großen Vier – Alphabet, Meta, Amazon, Apple – anbieten, ist phantastisch beliebt. Alle gelten inzwischen als Monopolisten: Der eine baut die Suchmaschine, der andere die euphemistisch als „sozial“ bezeichneten Netzwerke, der dritte die E-Commerce-Plattform, der vierte die smarten Endgeräte für Unterhaltung und Konsumbestellung. Die Giganten produzieren – mit Ausnahme von Apple – meist nichts, was sich anfassen lässt. Ihre Leistungen erbringen sie digital. Gemeinsam beanspruchen sie, die Zivilisation zu verändern und die Entwicklung der Welt zu bestimmen. Sie treten auf als amerikanische Versprechen an die Menschheit, dass alles besser werde. Vielleicht sind sie deshalb so erfolgreich, weil ihre Erfinder und kreativen Köpfe nicht inside-out denken, sondern outside-in: Die Kunden geben mit ihren Bedürfnissen vor, welche Strategien eingesetzt, welche Innovationen entwickelt, welche Leistungen angeboten werden. Dafür muss zunächst akribisch analysiert werden, welche Produkte der Markt heute und künftig benötigt bzw. wünschen wird.
Beispielsweise wird in den nächsten Jahren die menschliche Stimme gleichsam zur neuen Benutzeroberfläche werden. Alles funktioniert dann mit Sprachassistenten. Ich freue mich schon auf die Geräuschkulisse während der Bahnfahrten in zehn oder zwanzig Jahren in den Großraumwagen der DB… Und als nächste Stufe der technischen Entwicklung dräut: Die Menschen werden zunehmend paranoid, weil sie ständig befürchten, heimlich von den Brillen der anderen aufgenommen zu werden. So hat sich Google bzw. Alphabet verwandelt von der Suchmaschine zum Konzern für lebensverändernde Technologien.
Menschen sind abgeschreckt vom Dauerbombardement
aus Informationsbruchstücken, Unterhaltung und Reklame
Ebenso wie Apple und Tesla arbeiten weltweit Tech-Konzerne daran, die alten Blechzieher der europäischen Automobilindustrie mit ihrer Verbrennertechnik aus dem 19. Jahrhundert durch starke, saubere und leise Stromer zu ersetzen. Dabei sind eigene Beschäftigte immer teuer, sie melden sich krank, verlangen Urlaub, drohen mit Betriebsräten und Gewerkschaften. Techkonzerne wären auch ohne eine große Belegschaft denkbar, wenn alle möglichen Abläufe digitalisiert und automatisiert abliefen. Daran arbeiten sie mit Verve und mit Erfolgen.
Der gesellschaftliche Schaden durch die Tech-Monopolisten hat mehrere Dimensionen. So lässt sich beispielsweise die Menschheit unblutig überwachen und einhegen. Dafür sind keine Schusswaffen und keine Gefängnisse mehr notwendig. Man benötigt nur viele digitale Kameras, Screens, einige Rechenzentren und das Internet mit seinen Konsumplattformen und sogenannten sozialen Medien. Garniert wird das ganze durch ein Übermaß an Reklame, Unterhaltung und unnützen Informationen, selbstverständlich auch vielen falschen. Das ähnelt jener Welt, die Aldous Huxley in seinem Zukunftsroman „Schöne neue Welt“ (Brave new world) dystopisch beschrieben hat. Informationen widersprechen sich. Die Bürger sind abgeschreckt vom permanenten Info- und Unterhaltungsbombardement aus den omnipräsenten Bildschirmen im öffentlichen Raum, weil sie das Gefühl haben, sowieso nichts an den Konflikten, Katastrophen und Krisen der Welt ändern zu können. Aufgrund der Inflation der kurzen Reize sind die Menschen unfähig, Werbung und Falschbehauptungen von Wahrheit zu unterscheiden. Sie wissen nicht mehr, was sie denken, tun und glauben sollen. Entsprechend zurückgesetzt, verunsichert und orientierungslos fühlen sie sich.
Das Wesen von unregulierten digitalen Märkten
ist ihre Entwicklung zu Monopolen
In der noch immer weitgehend unregulierten Plattformökonomie entstehen Monopole zwangsläufig. Wer bekannter ist, wird stärker nachgefragt und entsprechend größer. So kann er Preise diktieren, kleinere Wettbewerber unterbieten, wirtschaftlich schwächen und in deren Kerngeschäften, Sortimenten und Leistungen so bekämpfen, dass sie vom Markt verschwinden. Hilfsweise werden sie übernommen. „Wettbewerb ist für Loser“, ätzt entsprechend der Trump-Verbündete und Plattform-Investor Peter Thiel, der den US-Präsidenten in einer Rede als „Retter der Nation“ darstellte.
Die wertvollsten Unternehmen sind demnach nicht jene, die Produkte herstellen, sondern solche, die Plattformen anbieten, auf denen wiederum Produkte diskutiert, angepriesen oder verkauft werden können. Diese digitalen Marktplatzunternehmen analysieren mit ihren Daten die Bedürfnisse, Wünsche sowie den Konsum und die Ausgaben der Menschen. Die Daten sind viel Wert, weil sich daraus Schlüsse ziehen lassen für künftige Käufe, für den Wandel des Geschmacks und der Prioritäten der Menschen. So können Hypes um bestimmte Produkte entstehen und sich andere Waren als Ladenhüter erweisen. Die Wirtschaft will wissen, warum sich welche Güter sehr gut oder sehr schlecht an welche Zielgruppen verkaufen lassen. Die Rezeption und Nachfrage auf dem digitalen Marktplatz bestimmt gleichsam den Wert der Ware. Oder anders: Der Preis einer Sache kann sehr gering sein und führt doch bei einem millionenfachen Konsum zu Rekordumsätzen bei seinem Anbieter. Unabhängig vom Aufwand (Arbeitszeit) der Herstellung. Um sich zu schützen gegen die Datenkraken im World Wide Web, betreiben zunehmend mehr Netznutzende Obfuskation: Sie verschleiern ihre Daten, indem sie das Internet belügen, wenn es um die eigene Person geht.
Die Bigtech-Konzerne haben
ein Paralleluniversum erschaffen
Transaktionen auf digitalen Märkten sind weder gebunden an Zeiten noch an Orte. Jeder hat jederzeit von überall Zugriff. Nie war Konsum so einfach wie heute. Nie ging der Vorgang von Bestellung bis Lieferung einfacher Waren so schnell. Auf kostspielige Lagerhaltungen kann die Industrie verzichten. Produziert wird in großen Mengen, was die Verbraucher akut nachfragen.
Für ihre Geschäftsmodelle benötigen die Internetkonzerne die Daten ihrer Nutzer („If the product is free, you are the product“). Daten sind ihre Währung. Verbraucher hinterlassen Spuren im Netz, die etwas aussagen über ihr Verhalten, ihre Vorlieben, ihre Meinungen. Dieses Wissen über das, was Menschen interessiert und was sie tun, ist kostbar: Netzwissen emergiert zur Handelsware. Das Geschäft der Plattformen besteht darin, die Daten der Nutzer zu verkaufen, beispielsweise an die werbetreibende Industrie. Die Unternehmen wollen nämlich wissen, ob Markus Meier oder Sabine Sauer für sie als Kunden in Frage kämen oder ob sie überhaupt nicht ins Kategorienschema des Zielpublikums passen. So tauschen Plattformen wie Facebook, Instagram, TikTok, Ebay, Amazon, Telegram und Alibaba die Gratis-Nutzung ihrer Leistungen gegen die freundliche Überlassung der Nutzerdaten. Als algorithmisch erzeugte Geschenke erhalten die Nutzer Angebote, die individuell ihren Bedürfnissen und Interessen entsprechen sollten. Weil die Bigtech-Konzerne auf diese Weise den weltweiten Datenverkehr beherrschen, haben sie ein Paralleluniversum entwickelt. Diese Welt ist autokratisch organisiert. Demokratie findet hier nicht statt. Die Monopolisten sind deshalb so erfolgreich, weil sie fantastische Möglichkeiten für ihre Nutzer bieten. Aber die Nutzer wissen großenteils gar nicht, was sie den Techfirmen alles erlauben bzw. überlassen, wenn sie deren AGB unreflektiert anerkennen.
Theodore Roosevelt ließ Standard Oil 1911
zerschlagen in 34 Unternehmen
Es ist heute ein bisschen wie im „vergoldeten Zeitalter“, The Gildet Age. So wurde die Zeit nach dem amerikanischen Bürgerkrieg in den letzten 35 Jahren des 19. Jahrhunderts genannt. Es war der Durchbruch der Industrialisierung. Damals regierten die „Räuberbarone“, wie die New York Times sie getauft hatte: Großindustrielle, die unvorstellbar reich geworden waren mit ihren monopolartigen Riesenunternehmen, die ganze Branchen beherrschten: J. P. Morgan die Banken, Andrew Carnegie die Stahlindustrie, John Davison Rockefeller das Erdöl. Die drei ruinierten kleinere Wettbewerber, booteten sie aus, diktierten die Preise und entwickelten so Monopole. Sie nahmen wenig Rücksicht auf die Bedürfnisse ihrer Arbeiter und deren Familien, die teils bitterarm in Slums ohne Wasser- und Stromanschlüsse wohnten und kaum zu Essen hatten. Die Menschen konnten sich die gestiegenen Preise nicht leisten, es gab noch kein Sozialsystem. Viele Arbeiter starben aufgrund einer fehlenden Gesundheitsversorgung früh an Infektionskrankheiten, an Staublunge und Mangelerscheinungen.
Das erste Kartellgesetz war wohl der Sherman Antitrust Act von 1890 in den Vereinigten Staaten von Amerika. Anfang des 20. Jahrhunderts beherrschte Rockefellers Standard Oil 70 Prozent des globalen Ölmarktes. Der Tycoon avancierte zum reichsten Mann der Welt und zum ersten Dollarmilliardär der Geschichte. US-Präsident Theodore Roosevelt ließ den Giganten Standard Oil 1911 aufteilen in 34 Unternehmen. Denn früher oder später wird bei einer derartigen Machtkonzentration deutlich, dass viele Menschen und ganze Gesellschaften darunter leiden. Bei der Entwicklung von Standard Oil profitierten in erster Linie seine Aktionäre.
In 10 Jahren haben die Big Five Tech
mehr als 1000 Unternehmen geschluckt
Allein zwischen 2011 und 2021 haben Alphabet, Meta, Amazon, Apple und Microsoft (Big Five Tech) mehr als 1.000 Unternehmen geschluckt. Und wieviele dieser Zukäufe wurden von nationalen und supranationalen Wettbewerbshütern blockiert? Kein einziger, erläutert der Ökonom und Wettbewerbsexperte Tommaso Valletti, der von 2016 bis 2019 Chefökonom bei der EU-Wettbewerbskommission war.
Das Internet hat manche Menschen reich gemacht, die seine Möglichkeiten maximal ausgenutzt haben. Die Ursprünge des Webs gehen auf Staaten und auf staatliche Einrichtungen wie das Forschungszentrum Cern in der Schweiz zurück. Also hätten die Erfinder des Netzes vielleicht definieren können, wie Gewinne aus dem Internet der Gesellschaft zugutekommen könnten. Das ist leider versäumt worden. Die großen Profiteure sind die Big-Tech-Monopolisten. Die internationale Staatengemeinschaft sollte darüber diskutieren, inwieweit die marktzerstörerischen Riesen zerschlagen oder zumindest so entflochten oder eingehegt werden können, dass wieder lebendige Märkte entstehen. Sowohl in den USA als auch in Europa haben die Kartellbehörden die Möglichkeiten dazu – und zwar selbst dann, wenn kein Kartellrechtsverstoß vorliegt. Sie können Eigentümer zu Verkäufen von Unternehmensteilen verpflichten, um den Wettbewerb zu stärken oder eine organisatorische Trennung von Unternehmensteilen verfügen.
1984 wurde in den USA der monopolartige Telefonriese AT&T zerschlagen. Danach konnten sich regionale Telekommunikationsunternehmen wieder besser behaupten. Und im Jahr 2001 entschied der Richter Thomas Penfield Jackson in Washington, Microsoft müsse aufgeteilt werden, weil der Monopolist seinen Browser Internet Explorer den Menschen aufzwinge. Aber in der Berufung gewann Microsoft. Immerhin musste das Unternehmen aus Redmond Teile seiner Systeme für Wettbewerber öffnen, entsprechend schwierig gestalteten sich die nächsten Jahre für den von Bill Gates gegründeten Software-Konzern.
US-Monopolisten konnten nicht bestraft werden,
wenn ihre Produkte billig und verbraucherfreundlich waren
Bislang werden viele digitale Märkte kaum reguliert, obwohl digitale Geschäftsmodelle den Konzernen leichter ermöglichen, Werte, Geld, Kapital, Schulden, Kosten hin und her zu schieben, um Gesetze zu umgehen oder Steuerlasten zu senken. Die Europäische Union will nach 2011 und 2016 zum dritten Mal eine Initiative für ein gerechteres Steuerwesen starten. Konzerne sollen ihre tatsächlichen Steuerquoten offenlegen müssen. Außerdem soll der Missbrauch von Briefkastenfirmen für Steuerzwecke eingedämmt werden. Das Problem der EU: Ihre Pläne für mehr Steuergerechtigkeit können von einzelnen Steueroasen per Veto blockiert werden.
In den USA verantwortet die Kartellaufsicht Federal Trade Commission die Kontrolle der Märkte. Früher zielte das Kartellrecht in den Vereinigten Staaten vor allem auf das sogenannte Verbraucherwohl. Danach konnte ein Monopolist nicht bestraft werden, wenn seine Produkte preisgünstig waren und von Verbrauchern stark nachgefragt wurden, also als gesellschaftlich sinnvoll galten. Inzwischen wandelt sich die Haltung der Behörden selbst in den USA. Auch wenn Konzerne mit ihren Monopolen dem Wettbewerb schaden und ihre Marktmacht missbrauchen, können sie sanktioniert werden. So hat Google beispielsweise viele Jahre lang Milliarden Dollar an Gerätehersteller wie Apple, Samsung und AT&T bezahlt, damit diese Unternehmen ihren Kunden Google als Standardsuchmaschine anboten. Das nennt man den Log-In-Effekt. Denn die allermeisten Kunden machen sich dann nicht mehr die Mühe, eine andere Suchmaschine an ihrem Gerät einzustellen.
Das autokratisch geführte China ist bestrebt, sich gegen die US-Monopolisten zu behaupten und entwickelt Strategien, um sich vor deren Einfluss und Erfolg in der Volksrepublik abzuschotten. Oder es etabliert fast identische Dienste wie die amerikanischen Big-Tech-Monopolisten nur für den eigenen Markt in der Volksrepublik bzw in Asien. Die EU versucht mit dem Digital Services Act, dem Gesetz über digitale Märkte, Konzerne stärker zu regulieren.
Die Behörden können kontrollieren, regulieren und entflechten,
um Wettbewerb zu ermöglichen
Die Wettbewerbsbehörden haben prinzipiell drei Möglichkeiten, in Märkte einzugreifen: Wettbewerbskontrolle, Regulierung und Entflechtung von Unternehmen. Der Staat hat die Aufgabe, für einen fairen Wettbewerb zu sorgen. Bei einer zu großen Machtballung geht es für den Staat darum, Marktmacht zum Vorteil der Allgemeinheit einzuschränken. Denn Monopole behindern den fairen Wettbewerb. Kleinere Anbieter werden aus dem Markt gedrängt oder geschluckt. Die Großen und Bekannten wachsen im Netz schnell zu galaktischer Größe und Bedrohlichkeit. Sie zerstören dann den Wettbewerb und ganze Märkte. Den Monopolisten spielt ein Umstand in die Hände: Regierungen und Parteien setzen sich allenfalls widerwillig mit ökonomisch starken Gegnern auseinander, die ihre wirtschaftliche Macht und die Sympathien von Millionen Verbrauchern einsetzen können.
Immerhin kippte das deutsche Kartellamt beispielweise die „Bestpreisgarantie“ des Buchungsportals Booking.com, so dass Hotels wieder selbst über ihre Preise entscheiden können. Die EU-Kommission hat auch Verfahren gegen Google, Facebook und Amazon eröffnet. Aber die Behörden tun sich schwer mit den digitalen Geschäftsmodellen, die eher über die Generierung von Kundendaten funktionieren als über Kategorien wie Geldüberweisungen. Um überhaupt zu verstehen, welche Daten Alphabet, Meta und Amazon sammeln und wie sie sie nutzen, müssten diese Konzerne den Behörden einen entsprechenden Zugang gewähren. Aber weder Beamte noch Forschende können die Dimension des Problems einschätzen, solange sich die Konzerne verschließen. Hilfreich wäre eine Beweislastumkehr, so dass die Digital-Monopolisten belegen müssen, dass ihre nächste Übernahme für die Verbraucher, also die Gesellschaft, tatsächlich vorteilhaft wäre. Sonst müsste in Anlehnung an Theodor Adorno konstatiert werden: Die Glückskonzerne verwandeln sich in Elemente des Unglücks.
Herzliche Grüße, Ihr
Matthias Michael, Geschäftsführer der Deutschen Gesellschaft für Reputationsmanagement